Das Flanieren

Foto von Gunther Martin

Foto von Gunther Martin

 „Es ist nicht einfach, sich einen Reim auf die Welt zu machen. Aber es gibt eine Methode. Werden Sie Flaneur!“ Diese Worte stammen leider nicht von mir, sondern von Gero von Randow, aber für mich taugen seine Worte sehr als Einstieg in meine Einladung an mich und meine möglichen Leser.

Warum flanieren? Es ist die offene und absichtslose Art, wie man die Welt erkunden kann. Es kommt, was kommt. Der Blick bleibt hängen, wo es sich ergibt. Hinter jeder Hofeinfahrt könnte sich eine neue kleine Welt eröffnen, hinter jeder Ecke ein ganz anderes Licht. Diese Neugier wird nicht müde, höchstens irgendwann die Füße. Während ich das schreibe, sind meine gedanklichen Bilder zum Beispiel in Italien - ich liebe es dort sehr – wo selbst der kleinste Ort wahre Schätze an beeindruckenden Impressionen bereithält: Schönes und Verstörendes, eine traumhaft schöne alte Tür und daneben ein Sack voll Müll. Direkt nebeneinander, direkt echt, direkt Leben. Ich mag das sehen und freue mich an der Spannung in diesem Bild. Genauso könnte ich mich über den Müll ärgern oder mich aufregen – aber nein, das ist kein Flanieren.

Der Flaneur (und schon an dieser Stelle möchte ich mich für diesen nicht genderneutralen Begriff entschuldigen, aber „die Passante“, so heißt die weibliche Form, trifft den Charakter meiner Absicht sprachlich nicht so schön) nimmt offen wahr, lässt sich ein, stellt neue Zusammenhänge her und seine Eindrücke „fügen sich zu einer Collage…. oder einem Gewebe aus Episoden“ (von Randow, 2016).

Wenn ihr meine Art das Leben zu erleben und zu denken kennenlernen wollt, dann ist es für mich unglaublich treffend beschrieben, das Flanieren. Neugierig und offen „erobere“ ich mir Menschen und Themen und Eindrücke. Das ist nicht systematisch, das folgt oft einer Intuition und/ oder einer spontanen Freude. So entsteht übrigens auch diese Kollektion, „ein Gewebe aus Episoden“. Die Intuition und die Freude führt mich an Themen und so stellen sich in meinem Kopf manchmal erstaunliche Verbindungen her. Nie mit dem Anspruch nach Wahrheit und umfassenden faktischem Wissen, aber immer als eine Möglichkeit zu verstehen, die Welt zu sehen und zu interpretieren. Eine mögliche Inspiration einer optimistischen Lebensgenießerin.

Ist der Flaneur möglicherweise ziellos, flatterhaft und oberflächlich? Ein klares JEIN… nimmt man die negative Konnotation von diesen Begriffen, dann entsteht ein neues Bild. Wer sich von scheinbar unbedeutenden Detailsinter  beeindrucken lassen kann, der hat einfach die Sensoren offen und damit die Bereitschaft für neue Erfahrungen. Das ist nicht planbar, das ist nicht käuflich, das ist Lebensphilosophie.

So reise ich, so lerne ich, so schreibe ich, so bin ich. Ein bisschen wie die Maus Frederic, die Farben sammelt, um den Winter im Mäuseloch auch für andere Mäuse schöner zu machen. Ein bisschen wie Pipi Langstrumpf, die sich die Welt macht, wie sie ihr gefällt. Da ist natürlich mehr in mir als diese beiden Märchenwesen. Lernt mich gerne etwas besser kennen (about me und „Ligurisches Dessert“). Da ist vor allem aber inzwischen einiges an Lebens- und Lernerfahrung, die mich prägen und mir jetzt auch den Mut und die Lust machen, mein Flanieren zu teilen. Ich habe ein Talent, den Weg zu finden, der es ermöglicht, Anforderungen an mich und meine Bedürfnisse gut in Kongruenz zu bringen – ja genau, die Pippi!

Das Flanieren ist für mich ein Lebensgenuss: Mit Achtsamkeit, Offenheit und Leichtigkeit (diese drei Begriffe sind für mich von höchster Bedeutung, nicht einfach eine Aufzählung!) durch die Welt zu gehen, Inspirationen zu sammeln, zu reflektieren und das zu integrieren, was noch in die Lebenscollage passt. Außerdem bin ich ein Schreib-Denker. Beim Schreiben denke ich einfach besser, kann besser reflektieren. Und ich liebe schöne Sprache. Aber auch das tue ich flanierend.  

Und genauso spreche ich gerne die Einladung aus, dieses Blog zu nutzen: als Flaneur!

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