Das Loch auf der Bühne

Foto von Raimund Verspohl

Foto von Raimund Verspohl

Es liegt in der Natur meines Jobs dann und wann auf der Bühne zu stehen. Ein Teil meiner Aufgabe ist es, Veranstaltungen zu planen und auch Teil davon zu sein. Jeder, der mich kennt weiß, mein Lieblingsplatz ist der auf dem Regiestuhl. Vor wirklich vielen Jahren gab es eine für mich sehr schwierige Situation, die hat mich viel gelehrt und letztlich eine tolle Flaniersituation erzeugt.

Die Szene: Zirkuszelt, mehrere hundert Zuschauer, Affenhitze im Zelt und noch unerträglicher, als affenartig, auf der Bühne. Es war so heiß, dass einem die Tropfen zwischen den Schulterblättern herunterliefen (und nicht nur da). Ein paar Kollegen und ich standen auf der Bühne. Plötzlich eine für mich unerwartete Frage, direkt an mich: „Petra, was sagst du dazu… jetzt ganz konkret…“, Flash! Keine Ahnung… Boden tut sich auf… ich versinke in dem Loch und bin weg. Den Rest der Veranstaltung habe ich aus Mäuseperspektive und völlig verschreckt weiterverfolgt.

Das natürlich nur in meiner Phantasie, im realen Leben blieb ich stehen und habe etwas mehr oder weniger Humorvolles von mir gegeben – angeblich souverän… Na ja!

Also wirklich, wirklich passiert war nichts, aber ich war wie traumatisiert. Jeder Gedanke auf eine mögliche, zukünftige Bühne hat mich nahezu in Panik versetzt. Jedes Mal wusste ich, dass ich mich wieder in meinem Loch befinden würde, hilflos, unbeteiligt.

Ich habe mich dann zwei Jahre später zu einem Bühnencoaching entschlossen. Mein Coach half mir mit total sinnvollen, pragmatischen Tipps. All das, was ich mir auch erhofft hatte.

Eine Frage allerdings, die hat mich sehr irritiert und das nachhaltig. Eine Frage, die mich lange in Unsicherheit und innere Suchbewegungen versetzt hat. Die Frage lautete: Petra, was ist DEIN DING? Es war die Zeit, als wir in der Beraterszene gerne mit Jim Collins „From good to great“ arbeiteten. In dem Buch wird der Level 5 Manager skizziert, einer der dieser einen Sache seine Eitelkeit unterordnen kann. Dieses eine Ding lieferte den Kompass für jedes Tun und Entscheiden. Und damit zu einfach herausragenden Ergebnissen.

Das war die große Erkenntnis für diesen Tag. Ein solches Thema wollte ich für mich haben – eines, das meine Passion (so nennt man es ja heute!) sein würde. Eine ganz GROSSE Einladung zum Flanieren. Es liegt auf der Hand, zumindest in meinem Universum, dass ein solches Thema nicht systematisch gesucht werden kann. Nein, man kann es nur durch Flanieren finden. Ein Schlendern… und weitergehen, ein inneres Hopsala… wie interessant…!

Dieser Tag in meinem Loch auf der Bühne, in diesem irre heißen Zirkuszelt, war für mich der Auslöser. Das Coaching – Hammer! (Danke Utz). Heute macht mir die Bühne keine Angst mehr. Ich suche sie immer noch nicht, wenn ich aber über „mein Thema“ sprechen darf, dann kann ich leuchten – das weiß ich inzwischen. Und es macht mir so große Freude, mich mit anderen auf deren Reise zu machen.


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