Venedig

Foto von Gunther Martin

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Venedig ist für mich die aller, allerschönste Stadt, die ich kenne und die perfekte Einladung zum Flanieren. Ich war schon oft dort, im Sommer, im Winter, mit und ohne Übernachtung und ich bin immer, immer wieder hingerissen und geflasht. Diese unvergleichliche Atmosphäre, dieses Licht, diese Gerüche (ja, jedes unvergleichliche ist nicht nur schön :-)). Wahrscheinlich ist Venedig für mich die Hauptstadt des Flanierens – eine, die mich innen tief berührt: So viel unbeschreibliche Schönheit (im Markusdom kämpfe ich fast immer mit den Tränen) kontrastiert von Morbidität. Ich liebe es, mich treiben zu lassen und mir hinter jeder Fassade vorzustellen, dass Commissario Brunetti ermittelt.

Und dann ist da natürlich dieser unfassbare Tourismus. Tausende, ah was sage ich… Millionen von Trolleyrollen klackern nervig, unaufhörlich, niemals endend über das Pflaster. Von früh bis spät. Menschenmassen unterwegs. Die absolute Krönung für mich sind die Kreuzfahrer, die diese ungesunden Menschenmassen noch erhöhen und darüber hinaus nichts in den lokalen Geschäften ausgeben. Zornig könnte ich werden – zornig, was Touristen aus dieser großartigen Stadt machen. Alles platttreten. Alles vollstopfen. Touristen, die nicht flanieren, sondern nur Sehenswürdigkeiten abhaken: Rialtobrücke, Dogenpalast, check! „Der Tourist zerstört, was er sucht, indem er es findet“, wusste Hans Magnus Enzensberger.

Gleichzeitig weiß ich, dass auch ich nur eine Touristin bin, eine mehr, die durch ihre Liebe zu Venedig Teil des Problems ist. Auch ich bin nicht besser nur - wie ich mir einbilde - meine Liebe zu dieser Stadt ist halt größer, echter, wahrhaftiger.

So habe ich für mich entschlossen, in den nächsten Jahren eine liebevolle Fernbeziehung zu führen. Was man wirklich liebt, das muss man auch mal loslassen können und aus der Ferne lieben. Als Flaneurin (dieses Wort gibt es nicht, ich weiß es, aber ich mag es) bietet sich da noch ein wunderbarer Abschlussschwung: Die phantastische Fischsuppe aus dem Venedigkochbuch weckt unmittelbar Bilder in mir und lässt mich wohlig in Erinnerungen schwelgen: Der schöne Abend in dem niedlichen kleinen Restaurant und ja, da war doch auch noch dieses schrummelige Cafe abseits der Strecke, wo wir so nett gesessen haben…. Und dann… ja das war vielleicht das Schönste: Die singenden, glücklichen Alten nachmittags auf Burano. Santa Lucia: Sul mare luccica l´astro d´argento… So viel schöne und lebendige Erinnerungen und das, ganz ohne CO2-Verschwendung – Flanieren im Kopf!


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