Wintersonne

Foto von Gunther Martin

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Wetter ist ja ein wunderbares Smalltalk Thema, unverfänglich und letztlich kann es nicht passieren auf jemanden zu treffen, dem dazu nichts einfällt. Wenn mit der steigenden Zahl von Wettersendungen im Fernsehen eine steigende Wichtigkeit eines Themas in Korrelation gebracht werden kann – oh je.

Wetter ist Wetter, war schon immer so. Ja, Wetter wird extremer, das macht auch mir Sorge. Es gibt aber echt Wichtigeres auf dieser Welt als festzustellen, dass es im Winter kalt ist. „Wolle auf die Haut“, das wusste schon meine Omi.

Was mich jedoch zum Schwärmen bringt, das ist die Wintersonne. Diese Streichelfarbensonne. Es passiert mir immer wieder, dass ich fassungslos bin, ob der Schönheit dieses Lichts. Zugegebenermaßen treffe ich diese Wintersonne öfter im Süden an als im schönen Norddeutschland – aber vielleicht liebe ich sie gerade deswegen so.

Die Wintersonne bringt doch wirklich alles zum Leuchten: Häuserfronten, genauso Gesichter. Alles wird irgendwie schöner. Und ich finde es herrlich, wenn scheinbar alle aus ihren Löchern kriechen und sich einen schönen Platz suchen. Letztes Jahr in Ligurien habe ich erlebt, wie mitten im Winter die großen Steine am Ufer zu Familienpicknick-, Schmuse- und Sonnenanbeterplätzen wurden. Ein buntes, friedliches und fröhliches Treiben in der Wintersonne, niemand mit einem grimmigen Gesicht.

Schon diese Beobachtungen machen doch glücklich; lauter gut gelaunte Menschen, die diese Stunden offenbar als geschenkte Momente erleben.

Bei mir löst diese Wintersonne ein großes Glücksgefühl und Dankbarkeit aus. Mir geht das Herz fast über… nichts piekt, nichts ölt, nichts ist anstrengend… nur hell und schön und freundlich. Das Leben ist schön!

Natürlich weiß ich auch um die nachgewiesenen positiven Wirkungen der Sonne auf den Körper, aber das ist mir zu wenig sinnlich. Ja, die Wintersonne ist Sinnlichkeit pur. So liefert sie doch demjenigen, der die Sensoren öffnet, so schöne Empfindungen.

Vielleicht ist sie mir deswegen so wertvoll, weil sie rar ist? Deswegen ist meine Devise, möglichst keine Chance zu verpassen. Fast jede Aufgabe kann ein klein wenig geschoben werden. Die Wintersonne ist jede Inkonsequenz wert – ich würde sogar so weit gehen, „knallharte Konsequenz für die Wintersonne“ zu fordern. Versuchungen sollte man nachgeben, wer weiß, ob sie wiederkommen. Oskar hat doch einfach recht.


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